Keine Veranstaltung, keine Podiumsdiskussion, kein Networking-Event, bei dem das Thema Tagessatz nicht auf den Tisch kommt. Auf den vielen Veranstaltungen für Interim Managern. auf denen ich persönlich anwesend bin, ist ein Thema so sicher wie das Amen in der Kirche: der Tagessatz!
Tagessatz verhandeln: So stellen Sie sich auf die Seite des Kunden
Es ist wie bei der Diskussion über Schiedsrichter-Entscheidungen im Fußball: Zum Tagessatz haben Interim Manager und Projektexperten immer eine Meinung! Aus meiner Sicht geht es in der Diskussion um Tagessätze aber nicht um Standpunkte, sondern um die Argumentationsweise. Mein Ratschlag: Zeigen Sie Ihrem Kunden, dass die Opportunitätskosten - nämlich nichts zu tun - deutlich teurer sind als der Betrag, den Sie voraussichtlich in Rechnung stellen werden. Argumentieren Sie also, indem Sie sich auf die Seite des Kunden stellen - und nicht, indem Sie Ihren Standpunkt als Gegenposition zu der des Kunden aufbauen.
Mehrwert für den Kunden erkennbar machen
Das ist Ihnen zu theoretisch? Hier ein paar Beispiele: Welcher Schaden würde entstehen, wenn der Produktionsstandort ohne Standortleiter auskommen muss und so riskiert wird, dass Lieferzusagen nicht eingehalten werden können? Was passiert, wenn die HR-Abteilung ohne Recruiting-Experten auskommen muss und so dringend benötigtes Fachpersonal nicht gefunden wird und damit Aufträge nicht umgesetzt werden können?
Versuchen Sie, in der Auftragsklärung mit dem Kunden möglichst viel darüber zu erfahren, was passiert, wenn die Vakanz zu lange offen bleibt. Welchen Einfluss hätte das auf das laufende Geschäft? Welche Ziele können nicht erreicht werden? Welcher Schaden entsteht konkret? Je klarer die Antworten auf diese Fragen, desto greifbarer wird Ihre Beauftragung. In der Regel steigt damit auch die Zahlungsbereitschaft. Beide Seiten erkennen den Mehrwert eines Projekt- oder Interim-Einsatzes - und den damit verbundenen Kosten inklusive des von Ihnen geforderten Tagessatzes.
Wechseln Sie in der Diskussion um einen angemessenen Tagessatz also von einer sender- in eine empfängerorientierte Kommunikation. Überzeugen Sie zuerst mit dem, was Sie für den Kunden tun können (Welches Problem löse ich?) und nicht mit dem was sie mitbringen. Hinterfragen Sie dazu die konkrete Situation Ihres Kunden und sammeln Sie Sachargumente.
Im Interesse des Kunden denken – dann steigt der Tagessatz
Hüten Sie sich aber davor, Probleme größer machen zu wollen also sie sind. Interim-Einsätze sind in der Regel keine Routineeinsätze. Können Sie im Gespräch mit dem Kunden nicht herausarbeiten, wo seine Schmerzpunkte liegen und wie Sie diese adressieren wollen, verwässert Ihre Wirkungskraft als Interim Manager. Das hat negative Konsequenzen auf Ihren Tagessatz – oder auf eine mögliche Beauftragung insgesamt.
Fragen Sie Ihren Kunden durchaus ganz offen, ob er das Problem auch mit Bordmitteln lösen kann. Verneint er dies, so ist klar, dass ein externer Interim Manager oder Projektexperte ran muss. Die Kaufentscheidung ist dann eigentlich schon gefallen, die Frage ist nur noch „wer“ aber nicht mehr „ob“.
Mein Tipp zur Tagessatz-Diskussion
Lassen Sie sich bei der Auftragsklärung vor allem von der Kundensituation leiten. Suchen Sie nach Sach- und Nutzenargumenten für Ihren Projekt- oder Interimseinsatz, indem Sie sich und Ihren Kunden fragen was passiert, wenn er nichts tut. Relativieren Sie Ihren Tagessatz, indem Sie diesen qualitativ und quantitativ aus Kundensicht bemessen. Ermahnen Sie sich im Kundengespräch immer wieder, mehr über seine Schmerzpunkte zu fragen - und weniger von Ihren Leistungen zu erzählen.