Arbeitnehmerüberlassung oder Projektauftrag? Mit welcher Vertragsart schützen Sie sich als Interim Manager am wirkungsvollsten vor dem Vorwurf der Scheinselbstständigkeit? Meiner Ansicht nach kann ANÜ im Einzelfall eine gute Lösung sein. In der Regel aber befürworte ich den Projektauftrag. Warum? Das lesen Sie hier.
Kaum ein Thema wird in unserer Branche so leidenschaftlich diskutiert wie die Scheinselbstständigkeit. Kein Wunder: Steht doch gerade in längeren Interimmandaten der Vorwurf im Raum, hier würden Sozialversicherungsbeiträge vermieden. Und die Finanzverwaltung ist keine wirkliche Hilfe – vielmehr wird meist im Einzelfall entschieden. Das Gespenst der Scheinselbstständigkeit bleibt – und damit die Frage: Wie gehen wir damit um?
Scheinselbstständigkeit ist ein Randzonenphänomen
Meiner Meinung nach widmen wir der Frage der Scheinselbstständigkeit zu viel Aufmerksamkeit. Weil wir hier über ein Randzonenphänomen sprechen. Als Partner eines der größten Provider in Deutschland weiß ich, dass die übergroße Mehrheit der Mandate klar umrissene Projektaufträge zur Grundlage hat. Damit stellt sich die Frage der Scheinselbstständigkeit praktisch fast nie.
Die Komplexität entsteht erst in den Randzonen des Interimmanagements. Dort wo man genau hinschauen muss. Ist diese Beschäftigung gerade noch oder schon nicht mehr scheinselbstständig? Als Marktteilnehmer weiß ich, dass der übergroße Teil der Diskussionen leider genau zu diesen Randzonen geführt wird. Und so lautet eine erste Empfehlung an alle Marktteilnehmer, sich wieder mehr um den Kern unserer Dienstleistung, den zeitlich und fachlich klar abgrenzbaren Projektauftrag zu kümmern. Dieser Dienstleistungskern macht Interim Management zum unverwechselbaren Baustein für das Funktionieren der deutschen Wirtschaft:
- zeitlich flexibel abrufbar
- fast unerschöpfliche Bandbreite an Kompetenzen
- situationsbezogene, individuell definierbare Einsatzplanung.
Empfehlungen für Interim Manager
Und trotzdem: Das Randzonen-Gespenst der Scheinselbstständigkeit bleibt. In den vielen Gesprächen, die ich mit Interim Managern, Marktteilnehmern und Kunden dazu geführt habe, wurden mir viele „Gegenmittel“ vorgestellt. Zu viele – um sie hier alle aufzulisten. Aus der Summe aller Vorschläge leite ich zwei Empfehlungen für Sie als Interim Manager ab:
- Positionieren Sie sich in der Kernzone des Interim Managements: Das sind Projektaufträge mit klar umrissenen Anfang und Ende, einer Zielvereinbarung und schriftlich festgelegter Selbstbestimmung.
- Akzeptieren Sie die Arbeitnehmerüberlassung (ANÜ) als wirksames Gegenmittel für Mandate in den Randzonen (und nur dort!). Die Arbeitnehmerüberlassung ist längst in der akademischen Mittel- und Oberschicht angekommen. Sie beschränkt sich nicht mehr auf das industrielle Helfergeschäft und ist für betriebswirtschaftliche Einsatzfelder salonfähig geworden.
Plädoyer für den Projektauftrag
Viele Unternehmen sehen ANÜ als universelle Antwort auf die Diskussion um die Scheinselbstständigkeit. Diese Unternehmen machen allerdings einen unschönen Fehler, wenn sie ANÜ zur pauschalen Vorgabe für alle Einsätze externer Mitarbeiter machen. Mit dieser „One-size-fits-all“ Lösung helfen sie weder sich als Unternehmen noch dem Berufsstand der Interim Manager.
Wir müssen auf der einen Seite akzeptieren, dass ANÜ für Randzonen-Projekte die richtige Wahl ist. Wir müssen uns aber genauso beherzt gegen einen „One-Size-fits-all“ Ansatz für Kernzonen-Projekte wehren und in diesen Fällen auf eine Mandatierung in Form von Dienstleistungsverträgen pochen.
Die deutsche Wirtschaft braucht Interim Manager als Schweizer Taschenmesser: immer griffbereit, universell einsetzbar und von hoher Qualität. Mit der richtigen Wahl der Vertragsart, also dem Dienstleistungsvertrag für die Mehrheit der Einsatzfälle in der Kernzone und dem ANÜ-Vertrag für Projekte in den Randzonen. Bewahren wir uns die Möglichkeit, dieses Schweizer Taschenmesser auch in der Zukunft häufig und regelmäßig einzusetzen.