Compliance im Vertrieb eines Pharmaunternehmens
Pharmacompliance | Industriekodex | Honorarzahlungen
Das Projekt in Stichworten:
- Leistungsfähiges Compliancesystem mit Verhaltensregeln und Verträgen aufgesetzt
- Intensive Schulungen der Mitarbeiter zur richtigen Vertragswahl
- Freigabe von Honorarzahlungen bleibt dem Compliance-Beauftragten vorbehalten
- Engpässe bei den Genehmigungen bei voller Beachtung der Compliance abgestellt
Die deutsche Vertriebsgesellschaft eines internationalen Pharmakonzerns stand vor der Herausforderung, die Pharma-Compliance neu zu organisieren. Bislang hatte der bisherige Compliancebeauftragte jede Zusammenarbeit mit Ärzten und anderem medizinischem Personal persönlich genehmigt. Das führte aufgrund der Vielzahl von Aktivitäten regelmäßig zu erheblichen Verzögerungen im Genehmigungsprozess.
Als der heutige Interim Manager die Aufgaben des Compliancebeauftragten übernahm, bestand die Aufgabe darin, das System der Pharmacompliance neu aufzusetzen. Es galt, die Prozesse – bei Einhaltung aller Regeln – so weit wie möglich zu vereinfachen und zu dezentralisieren. Weiterhin soll das neue Compliancesystem folgenden möglichen Risiken vorbeugen:
- Schutz vor dem Risiko von strafrechtlichen Verstößen (Vorteilnahme durch Amtsträger)
- Vermeidung von Verstößen gegen den Industriekodex mit damit verbundenen Bußgeldern
- Vermeidung von Imageschaden (negative Presse)
Leistungsfähiges Compliancesystem mit Verhaltensregeln und Verträgen aufgesetzt
Die transparente Dokumentation aller Aktivitäten und ein effizientes Genehmigungsverfahren sind die Schlüssel für ein leistungsfähiges Compliancesystem. Ein solches System setzte der Interim Manager mit anwaltlicher Unterstützung aus nachfolgenden Bausteinen zusammen:
- Aktualisierung der Verhaltensregeln unter Berücksichtigung der dezentralen Entscheidungsmöglichkeiten durch die Mitarbeiter. Dies beinhaltete transparente Regeln zur Minimierung strafrechtlicher Risiken und Einhaltung des Industriekodex.
- Erstellung von Standardverträgen für alle Arten möglicher Kooperationen und einer Auswahlhilfe für die Mitarbeiter zur Nutzung der richtigen Verträge.
- Mehrstufiges Genehmigungsverfahren durch Vorgesetzte, den Compliancebeauftragten sowie zusätzlich bei Amtsträgern durch die Dienstherren. Bei eventuellen Unstimmigkeiten bei der Auslegung der Regeln entscheidet in letzter Konsequenz die Geschäftsführung.
- Regelmäßige Schulung der Mitarbeiter
Da die Rechtssprechung im Bereich der Pharmacompliance fließend ist und dies auch Auswirkungen auf den Industriekodex haben kann, müssen die Verhaltensregeln und die eingesetzten Verträge regelmäßig überprüft und angepasst werden.
Der Interim Manager entwickelte neue Prozesse, um einerseits Verzögerungen bei Genehmigungen zu vermeiden und andererseits den Vorgaben der Pharmacompliance zu entsprechen.
Intensive Schulungen der Mitarbeiter zur richtigen Vertragswahl
Die Mitarbeiter des Pharmaunternehmens entscheiden nunmehr in einem ersten Schritt eigenverantwortlich, welche Kooperationen mit Ärzten sie planen und welche Verträge sie dafür einsetzen. Daher legte der Interim Manager ein intensives Schulungsprogramm auf, um über die zulässigen Aktivitäten und die Auswahl der richtigen Verträge anhand einer Matrix zu unterrichten. Im Zweifel erhalten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Support von ihren Managern oder vom Compliancebeauftragten.
Freigabe von Honorarzahlungen bleibt dem Compliance-Beauftragten vorbehalten
Eine Auszahlung von Honoraren (u.a. an die Vertragspartner) kann nur bei Vorlage einer vollständigen Dokumentation erfolgen. Bei Auszahlung an Amtsträger (z.B. Ärzte in staatlichen Institutionen) ist zusätzlich darauf zu achten, dass geplante Kooperationen vorab von deren Dienstherren genehmigt bzw. zur Kenntnis genommen werden und diese transparent über die Art der Kooperation und genauen Höhe der finanziellen Erstattung informiert sind. Die Freigabe zur Zahlung erfolgt ausschließlich durch den Compliance-Beauftragten.
In der Pharmawelt ist es üblich, dass nationale Experten auch für internationale Kooperationen eingesetzt werden. Dabei ist zu beachten, dass auch in diesen Fällen weiterhin die nationalen Regeln gelten. Der jetzige Interim Manager hat den Konzern und verbundene ausländische Tochtergesellschaften deshalb darüber instruiert, welche Regeln einzuhalten sind, wenn deutsche Ärzte im Ausland auf Einladung des Konzerns eingesetzt werden.
Engpässe bei den Genehmigungen bei voller Beachtung der Compliance abgestellt
Die aufgestellten Regeln und verwendeten Standardverträge haben sich bewährt. Die eigenständige Vertragsauswahl durch die Mitarbeiter Vorort war erfolgreich und hat verhindert, dass Engpässe bei den Genehmigungen erfolgen, da der Compliancebeauftragte nur bei Sonderfällen konsultiert wird.
Wiederkehrende Schulungen haben bei den Mitarbeitern und deren Vorgesetzten das Verständnis für die Complianceregeln vertieft. Während zu Beginn Präsenzschulungen sehr hilfreich waren, haben sich für die Nachschulungen E-Learning Kurse bewährt. Diese sind immer verbunden mit einem Quiz als Erfolgskontrolle, um an konkreten Beispielen das eigene Wissen anzuwenden. Schulungen können nur mit erfolgreich durchführtem Quiz abgeschlossen werden.
Es bleibt eine dauerhafte Herausforderung, die Complianceregeln jederzeit aktuell zu halten und zeitnah auf Änderungen bei der Rechtsprechung und Auslegung des Industriekodex zu reagieren. Dabei ist weiterhin zu beachten, dass die Auslegung der Complianceregeln regional unterschiedlich sein kann.