Kaizen-Programm zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit bei einem Automobilzulieferer
Wettbewerbsfähigkeit | agile Organisationsentwicklung | Kaizen-Transformation
Das deutsche Werk einer internationalen Firmengruppe mit 1.500 Mitarbeitern stellt für diverse Automobilzulieferer in einem umkämpften Markt Mechatronikteile her. Zur kontinuierlichen Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit hatte die Standortleitung (CEO und COO) beschlossen, die Kompetenzen und Ideen der gesamten Belegschaft in Zukunft noch besser zu nutzen. Die Kultur der kontinuierlichen Verbesserung sollte mit den notwendigen Lean- und Kaizen-Werkzeugen (Mindset & Toolset) eingeführt werden. Ziel des Kulturwandels war vor allem, mit dem Wissen und der Erfahrung der Mitarbeitenden die Entwicklungszeiten für neue Teile und die Lieferzeiten für die aktuellen Teile zu verkürzen. Mithin: Die Wertschöpfung sollte erhöht, die Verschwendung verringert und die Qualität aus Kundensicht Schritt für Schritt weiter verbessert werden. Der Interim Manager betreut das Projekt nunmehr (Juli 2019) seit 7 Monaten und steht für die geplante Gesamtlaufzeit von 2 Jahren regelmäßig als Kaizen-Coach zur Verfügung.
Lean- und Kaizen-Programm scheiterte im ersten Anlauf unter anderer Führung
Zunächst war ein anderer Consultant beauftragt worden, ein entsprechendes Lean- und Kaizen-Programm aufzusetzen und einzuführen. In diesem Zusammenhang wurde ein Kaizen-Kernteam aus den Führungskräften der zweiten Reihe gebildet. Über einen Zeitraum von ca. 12 Monaten absolvierten die Teammitglieder einen Wertstrom-Event, ein Lean-Training für Führungskräfte sowie mehrere Kaizen-Workshops. Allerdings wollte der Funke von Kaizen nicht auf die Mannschaft überspringen. Und auch die Pilotprojekte machten keinen wirklichen Fortschritt.
Inzwischen hatte das Executive-Team der Firmengruppe allen Werken weltweit die Aufgabe erteilt, Kaizen einzuführen und einen relevanten Teil des Bonus der jeweiligen Werksleitungen an den Erfolg dieser Kaizen-Einführung geknüpft. Ende 2018 lag das Werk in Deutschland auf dem letzten Platz im Vergleich aller Werke in der Gruppe.
Kaizen-Strategieworkshop ebnet Weg für erfolgreiches Mindset
In dieser Situation entschied sich die Standortleitung, den Interim Manager an Bord zu holen. Dieser klärte zunächst die Kaizen-Ziele und den Scope mit der Standortleitung. Anschließend analysierte er die aktuelle Situation. Dazu sprach er intensiv mit den Führungskräften und den Pilotteams. Zudem wertete er die zur Verfügung stehenden Daten und Dokumente aus. Im Ergebnis stellte sich heraus, dass der Kulturwandel vor allem an der mangelnden Akzeptanz für die Kaizen-Methode gescheitert war. Daher vereinbarte der Interim Manager mit der Standortleitung, nunmehr ein Programm für den „Kaizen Mindset“ zu entwickeln und positiv in der gesamten Organisation zu verankern.
Dazu initiierte der Interim Manager einen Kaizen-Strategieworkshop mit dem gesamten Führungsteam, in dem der Zielzustand und die Kaizen-Roadmap definiert wurden. Am Ende des Workshops haben alle Mitglieder des Führungsteams eine persönliche Verpflichtungserklärung zur Umsetzung von Kaizen unterschrieben. Dieses Commitment wurde anschließend der gesamten Belegschaft vorgestellt. Es hängt im Eingangsbereich für alle sichtbar (auch für Besucher und Kunden) aus. Mit dem Commitment der Führungskräfte war eine Basis für den erfolgreichen Kaizen-Mindset gelegt – und das Kaizen-Programm konnte starten.
Vier Säulen der Kaizen Transformation Roadmap
Die 24-monatige Kaizen Transformation Roadmap basiert im Wesentlichen auf vier Säulen: Kaizen für Teams im Tagesgeschäft, Kaizen für Führungskräfte, Kaizen in Projekten sowie Kaizen in Infrastruktur & Governance. Jede der vier Säulen umfasst vier Entwicklungsstufen, die in der Regel nacheinander durchlaufen werden. Damit sollen Prozesse Schritt für Schritt besser werden, ohne Organisation und Menschen bei Inhalten oder Einführungsgeschwindigkeit zu überfordern.
Kaizen im Tagesgeschäft
Die Säule „Kaizen im Tagesgeschäft“ bildet das Fundament für die zukünftige Verbesserungskultur im Unternehmen. Die Stufe 1 umfasst Maßnahmen zur Entwicklung der Teams und Abteilungen wie Rollen und Verantwortlichkeiten, Basisprozesse, Morning Meetings, Teamboards, Visualisierung und Erfolgsmessgrößen. Stufe 2 umfasst die gesamte Arbeitsplatzorganisation inclusive einer 5S-Initiative. Damit sind die Voraussetzungen geschaffen, in den Teams in Stufe 3 Arbeits-Standards zu definieren und in Stufe 4 kontinuierlich zu verbessern.
Kaizen für Führungskräfte
In der Säule „Kaizen für Führungskräfte“ geht es um die Definition von Zielen aus Kundensicht, um „Go To GEMBA“ (den Ort der Wertschöpfung), um das „Learning To See“ (Verschwendung sehen lernen) und insbesondere darum, die bisherigen Manager auf ihre neue Rolle als „Servant Leader“ (dienende Führung und Empowerment der Teams) vorzubereiten und on-the-job zu coachen.
Kaizen in Projekten
Die dritte Säule „Kaizen in Projekten“ startet mit einer Wertstromanalyse, verbunden mit einer bereichsübergreifenden Optimierung der wesentlichen Wertströme aus Kundensicht. Hier werden die aktuellen Schwierigkeiten der wirksamen Zusammenarbeit an den Schnittstellen besonders schnell deutlich. Die aus der Analyse abgeleiteten Kaizen-Projekte werden mit der A3-Methodik bzw. - falls ausreichend - mit der PDCA-Methodik abgearbeitet.
Kaizen Infrastruktur & Governance
Die vierte Säule „Kaizen Infrastruktur & Governance“ steuert das Kaizen-Gesamtprogramm ähnlich einem Programm Management Office (PMO). Es widmet sich dem Know-how und dem Kompetenzaufbau sowie der schrittweisen, zielgerichteten Entwicklung aller Beteiligten. Hierzu wurde im Werk ein „Mission Control Raum“ eingerichtet, der bei Kaizen „OBEYA“ heißt und Tag für Tag aktiv als Steuerungszentrale genutzt wird. An den Wänden des OBEYA finden sich alle wesentlichen Elemente des Kaizen-Transformationsprogramms. Dazu gehören unter anderem die Unternehmenswerte und die Strategie der Gruppe, die Ziele des Werkes, die lokale Kaizen-Roadmap, ein Kanban-Board, Details zu den 4 Kaizen Säulen, eine A3-Projektübersicht, Erfolgsbeispiele und Good Practices.
Kaizen Transformation: in 6 Monaten vom letzten auf den ersten Platz
In den vergangenen 6 Monaten konnten mehrere Projekte erfolgreich abgeschlossen werden. Die im Strategieworkshop festgelegten Kennzahlen entwickeln sich in die gewünschte Richtung. Alle Teams und Abteilungen sind inzwischen in die Kaizen-Transformation eingebunden und verbessern Schritt für Schritt ihre Möglichkeiten. Neben kurzen und praxisnahen Trainingseinheiten basiert die Kaizen-Kulturentwicklung insbesondere auf dem Verständnis und der situationsgerechten Anwendung der Kaizen-Prinzipien sowie auf dem on-the-job Coaching aller Beteiligten durch den Interim Manager. Der Kaizen-Funke ist übersprungen, nicht nur im Kernteam. Auch in den Fachbereichen werden mit zunehmender Begeisterung die Kaizen-Prinzipien Tag für Tag mehr und mehr gelebt. Prozesse und Organisation werden Schritt für Schritt verbessert. Kaizen wird nicht nur als Werkzeugkasten, sondern vielmehr als Programm zur Mitarbeiter-, Führungskräfte- und Organisationsentwicklung verstanden und genutzt.
Ein Corporate Audit-Team der Firmengruppe hat im Mai 2019 festgestellt, dass das deutsche Werk in Sachen „Kaizen Transformation“ nun die Liste aller Werke anführt. Das war so nicht erwartet worden, denn es hatte 2018 noch auf dem letzten Platz gelegen.
Deutsches Werk als Blue Print für gruppenweites Kaizen-Programm in 2020
Mitarbeiter aus der Firmenzentrale sowie aus anderen Werken besuchen das deutsche Werk nun immer häufiger, um für ihren eigenen Kaizen-Weg zu lernen. Die Firmenzentrale verkündete kürzlich, dass die Vorgehensweise und Erfahrungen aus dem deutschen Werk als „Blueprint“ für ein gruppenweites Kaizen-Programm in 2020 genutzt werden sollen.
Werksleitung und Mitarbeiter sind verdientermaßen sehr stolz, innerhalb von nur etwas mehr als 6 Monaten als „Best Practice“ anerkannt und gewürdigt zu werden. Das motiviert alle Beteiligten zusätzlich auf dem weiteren Weg der kontinuierlichen Verbesserung - mit dem Ziel der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit im hart umkämpften Markt der Automobilzulieferindustrie.