Industrie 4.0: Troubleshooting bei Fehlstart eines ERP-Systems
Einführung von neuer Software | Lieferperformance
Das Projekt in Stichworten:
- Nach Komplettversagen bei Einführung eines neuen ERP-Systems engagiert
- Informationsstrukturen bis ins Detail untersucht und Projektteam gebildet
- ERP-System innerhalb von kurzer Zeit erfolgreich arbeitsfähig gemacht
- Einführung von Industrie 4.0-Elementen wie produktionsunterstützender Software
- Fahrplan für sichere Einführung von künftigen IT-Erweiterungen abgestimmt
Ein mittelständisches Unternehmen, das als Zulieferer von wichtigen Komponenten für Großserienhersteller (OEM) einen sehr guten Ruf hatte, hatte ein neues Enterprise-Resource-Planning-System (ERP-System) eingeführt. Bei der Umsetzung kam es zu erheblichen Problemen, die letztlich sogar einen 2-wöchigen Lieferausfall verursachten. In dieser Situation wurde der heutige Interim Manager – damals noch in zeitlich begrenzter Festanstellung - als Troubleshooter engagiert, um das ERP-System schnellstmöglich einsetzbar zu machen. Darüber hinaus wurde er beauftragt, wichtige Prozesse des Zulieferers in Richtung Industrie 4.0 auszurichten.
Nach Komplettversagen bei Einführung eines neuen ERP-Systems engagiert
Bei der Auswahl hatte der Mutterkonzern das ERP-System der Zentrale vorgegeben. Wichtige Fragestellungen wie z.B. nach der Verfügbarkeit von landessprachlichen Beratern, nach dem Zugriff auf ortsnahe Programmierer zur Umsetzung der erforderlichen Softwareanpassungen oder nach der Verfügbarkeit von aktuellen weiterführenden Software-Tools wurden dabei nicht weiter behandelt. Im Verlauf des Projektes versuchten immer wieder wechselnde Berater aus unterschiedlichen Ländern, teilweise ohne deutsche Sprachkenntnisse, die Einführung der Software vorzubereiten.
Nach gut einem Jahr befahl das Top-Management ein hartes „Go live“. Dabei kam es zu großen Schwierigkeiten. In den ersten zwei Wochen verließ nicht ein Produkt das Haus. In ihrer Not arbeiteten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter viele Prozesse manuell ab. Bereits nach wenigen Tagen war der Auftragsrückstand enorm angewachsen.
Informationsstrukturen bis ins Detail untersucht und Projektteam gebildet
Im ERP-System gab es in allen Bereichen große Lücken. Kunden konnten sich auf die Informationen nicht mehr verlassen. Im Unternehmen waren Auftragsplanung, Bestandsmanagement, Produktionsplanung und andere Prozesse nicht abbildbar. Andere wichtige Elemente eines IT-Systems wie z.B. Business Intelligence, Umsatz-, Absatz- oder Ergebnisrechnungen waren überhaupt nicht möglich.
Um die verfahrene Situation zu lösen, verschaffte sich der Interim Manager im ersten Schritt eine Übersicht über die Zusammenhänge. Er erfasste, was funktionierte und an welchen Schnittstellen die Informationsstruktur klemmte. An vielen Stellen arbeitete er sich bis ins Detail ein, um zu erkennen, an welcher Stelle das bestehende System funktional oder logisch nicht korrekt läuft und welche Abläufe eigentlich umgesetzt werden sollten.
Nicht zuletzt richtete er sein Augenmerk darauf, wer von den beteiligten Personen die bestehende Struktur verteidigte und von wem er erwarten konnte, Schwachpunkte offen und kooperativ anzugehen. Schließlich bildete der Interim Manager ein Projektteam aus Spezialisten der einzelnen Abteilungen. Hier stellte es sich als zielführend heraus, im Besonderen die mit dem System arbeitenden Personen einzubinden. Parallel dazu gelang es dem Interim Manager, deutschsprachige Berater zu finden und für die Projektlaufzeit zu verpflichten.
ERP-System innerhalb von kurzer Zeit erfolgreich arbeitsfähig gemacht
Ohne korrekte Erfassung der Bestände von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen oder Fertigwaren einschließlich der geplanten Zu- und Abgänge ist eine Auftragsplanung nahezu unmöglich. Daher stellte der Interim Manager die Arbeiten im Bestandsmanagement des ERP-Systems an erste Stelle.
Zunächst initiierte er eine Zwischeninventur, um die Bestände wieder glatt zu ziehen. Danach arbeitete er gemeinsam mit dem Projektteam und den Beratern einzelne Aufträge detailliert durch. Auf diese Weise identifizierte er Systemfehler, die umgehend behoben und anhand der nächsten Aufträge auf die Wirksamkeit der Korrekturen kontrolliert wurden. Nach nur 2 Wochen arbeitete das System stabil. Das Unternehmen wurde wieder lieferfähig und konnte verlorenes Vertrauen bei den Kunden wieder aufbauen.
Die Validierung der Prozesse im ERP-System war für viele Bereiche des Unternehmens eine große Herausforderung. Es kam darauf an, trotz hohen Zeitdrucks sorgfältig und konzentriert Schritt für Schritt die Funktion der Einzelprozesse sicherzustellen. Die Verkaufsorganisation und das Top-Management waren in dieser Zeit besonders gefordert, um den Kunden real mögliche Liefertermine zu vermitteln.
Einführung von Industrie 4.0-Elementen wie produktionsunterstützender Software
Erst mit dem stabilen ERP-System konnte der Interim Manager weitere Elemente einer Industrie 4.0 Kultur einführen. Dazu gehörten unter anderem Kanban, VMI, Feinplanung oder Business Information. Basis der weiteren Projekte waren eine tiefgehende Analyse durch die Betroffenen, eine kritische Analyse aller Datenstrukturen durch alle involvierten Abteilungen und umfassende Testphasen, für die Kopien der aktuellen Daten des Systems herangezogen wurden. So konnte der Interim Manager unter anderem weitere Elemente einer produktionsunterstützende Software einführen, die wichtige Montageprozesse am Bildschirm begleitete.
Fahrplan für sichere Einführung von künftigen IT-Erweiterungen abgestimmt
Um ähnliche Schwierigkeiten wie bei der Einführung des ERP-Systems zukünftig zu vermeiden, gilt bei dem Zulieferer nunmehr ein Fahrplan für IT-Erweiterungen mit folgenden Schritten:
- Einbinden der Beteiligten in die Software-Auswahl
- Analyse der Daten und Schnittstellen des vorhandenen Systems
- Klärung, ob Programmanpassungen möglich sind
- Zusammenarbeit mit landessprachlichen Beratern/lokale Nähe zu Beratern
- Arbeiten mit dem gesamten Projektteam
- Wenn erforderlich, rechtzeitiges Einbinden des Betriebsrats.