Entsenderichtlinie und Vertragsgestaltung für NGO in Afrika
Entsendungsmanagement | Global Mobility | Steuerausgleich
Das Projekt in Stichworten:
- Steuerprobleme durch unklare Entsenderichtlinie und fehlende Prüfprozesse
- Kosteneinsparungen durch graduelles „Abschmelzen“ von Altverträgen realisiert
- Behandlung der Steuerfragen in der neuen Entsenderichtlinie formuliert
- Für beide Seiten tragbares Modell für Rücklagen zum Steuerausgleich entwickelt
- Anträge auf Steuerbefreiungen oder Steuersonderbehandlungen empfohlen
- Verantwortungsvolle und auf fairen Ausgleich angelegte Entsenderichtlinie implementiert
Eine weltweit tätige Nichtregierungsorganisation (NGO) braucht Unterstützung: Auslaufende Verträge und künftige Neuverträge sollen auf etwaige Kosteneinsparungen überprüft und die Änderungen in eine weltweit geltende überarbeitete Entsenderichtlinie gefasst werden.
Vordergründig brauchten die HR-Mitarbeiter der NGO praxisbezogene Unterstützung im Entsendungsmanagement. Dabei ging es vor allem um akute Herausforderungen in der Betreuung von Mitarbeitern, die seit Jahren in Mehrfachentsendungen im Auslandseinsatz für die NGO tätig sind. Den Mitarbeitern drohten bei Beibehaltung der aktuellen Entsendepraxis beträchtliche steuerliche Erstabgaben und sehr hohe Nachzahlungen.
Steuerprobleme durch unklare Entsenderichtlinie und fehlende Prüfprozesse
Die entsandten Mitarbeiter hatten über Jahre keine Steuererklärungen in Gastländern abgegeben: Ein nicht seltenes Problem bei langjährig entsandten europäischen Mitarbeitern in Auslandseinsätzen – auch in der Weltregion Afrika. Die HR-Zentrale sah die Verantwortung bei den Mitarbeitern, die Mitarbeiter hingegen bei der NGO. Dies war auch einer unklaren Entsenderichtlinie und dem Fehlen von Prüfprozessen geschuldet. Die Entsenderichtlinien bedurften also der dringenden Aktualisierung: Steuern und Sozialversicherung behandelte die existierende Richtlinie oberflächlich. Beispielsweise gab es keine konkreten Vorgaben für die steuerliche Handhabung von Gehaltsbestandteilen in Bezug auf Höhe, Abführungszeitpunkt, oder An- und Abmeldung bei den Behörden des Gastlandes oder am Sitz der NGO. In der Regel trafen die Sachbetreuer ihre Entscheidungen von Fall zu Fall. Beispielsweise wurden die höchsten Kostenverursacher (in diesem Fall Housing und Schulkosten) als unlösbar geduldet.
Zum Zeitpunkt des Interim Mandates leitete eine Controllerin den Bereich Compensation and Benefits. Allerdings gab es praktisch kaum Austausch mit den Spezialisten fachrelevanter Bereiche wie Finanzen oder Compliance. Ein bindendes Glied in der Funktion eines Global Mobility Spezialisten fehlte ganz. Im Mutterhaus herrschte Konsens darüber, dass Mitarbeiter um die Dringlichkeit von steuerlichen Abgaben in ihren jeweiligen Herkunftsländern, Arbeits- oder Aufenthaltsorten wüssten oder hätten wissen müssen. In den Verträgen aber war die Frage nirgends eindeutig geklärt.
Altverträge, und Konditionen liefen Jahr für Jahr weiter, eine Aktualisierung, Anpassung an veränderte Umstände (Wegfall oder gradueller Abbau von Privilegien) schien nicht vorgesehen.
Kosteneinsparungen durch graduelles „Abschmelzen“ von Altverträgen
Die Interim Managerin war also mit vielfachen Herausforderungen konfrontiert. Sie hatte die Interessen von NGO und entsandten Mitarbeitern in gebührender Weise zu berücksichtigen. Sie erstellte einen detaillierten Projektplan, der alle Aktivitäten mit Meilensteinen definierte. Das Kernstück bildete die Überarbeitung der Entsendekonditionen. Ein weiterer Schwerpunkt bestand darin, Altverträge auslaufen zu lassen und Vorrechte aus Altverträgen abzubauen. Neuverträge sollten sich rigoros an den neuen Richtlinien orientieren.
Konsequenterweise erfolgte eine Überarbeitung aller Vertragstypen (Langzeit, Kurzzeit, Mehrfachentsendung) und Richtlinien in englischer Sprache.
Behandlung der Steuerfragen in der neuen Entsenderichtlinie formuliert
Im Streit um die Alt-Steuerschulden der entsandten Mitarbeiter erarbeitete die Interim Managerin eine Entscheidungsvorlage, die eine Kostenteilung von NGO und Mitarbeitern oder einen Steuerausgleich für die Mitarbeiter vorsieht. Diese Herangehensweise war zuvor ebenfalls von einem unabhängigen, international tätigen Audit-Management empfohlen worden. Hintergrund der Empfehlung: Es war nicht mehr zu klären, ob die Versäumnisse durch Mangel an HR-Beratung oder Überforderung der sonst gestandenen entsandten Mitarbeiter (Führungskräfte) gelegen hatten. Zudem wollte die NGO die oft wertvollen Spezialistinnen und Spezialisten nicht verlieren. Die Kostenteilung passt darüber hinaus zur Corporate Identity der Organisation, die sich einer besonderen ethischen Verantwortung verpflichtet sieht.
Für beide Seiten tragbares Modell für Rücklagen zum Steuerausgleich entwickelt
Mit ihrem Entwurf für die neue Entsenderichtlinie entwickelte die Interim Managerin neue Grundlagen für die Behandlung von Steuerfragen. Die Regelung sieht vor, dass die HR-NGO den Mindestbeitrag an Abzügen ermittelt, der den entsandten Mitarbeitern zumutbar ist. Aus diesen Mindestbeiträgen werden dann Rücklagen für einen Steuerausgleich gebildet.
Die Interim Managerin modellierte in Zusammenarbeit mit den Fachstellen der NGO erste Prototypen. Dabei zeigte sich, dass die Methode der Steuerausgleichs-Schattenkalkulation, die bis zum kompletten Abbau der Mitarbeiterschulden Anwendung finden sollte, die Mitarbeiter entlastete. Selbst bei den schwerwiegendsten Fällen ergaben sich annehmbare Abzüge per Monat pro Mitarbeiter sowie für die Organisation geringfügig höhere Beiträge.
Anträge auf Steuerbefreiungen oder Steuersonderbehandlungen empfohlen
Um die Kosten der Entsendeeinsätze für die NGO weiter zu senken und die Steuerlast der Mitarbeiter noch weiter zu reduzieren, regte die Interim Managerin an, bei den lokalen Regierungen in Afrika Steuerbefreiungen oder Steuersonderbehandlungen zu beantragen. Die Erfolgsaussichten dafür sind gut, da einerseits Staaten mit niedrigem Einkommen (wie die NGO-Einsatzgebiete in Afrika) alle zur Verfügung stehenden Einnahmeoptionen nutzen – und die NGOs, solche mit ihren Hauptsitzen in Europa und Nordamerika als gute Steuerzahler gelten. Andererseits haben NGOs aufgrund ihres humanitären Profils einen Bonus, der Entgegenkommen der Staaten erleichtert.
Verantwortungsvolle und auf fairen Ausgleich angelegte Entsenderichtlinie implementiert
Die verantwortungsvolle und auf fairen Ausgleich angelegte Entsenderichtlinie schafft auch Mehrwert für die Arbeitgebermarke. Der NGO-Zweck (Verbesserung der Gesundheit weltweit) und das gewählte Steuerinstrument (ein mitarbeiterfreundlicher Steuerausgleich), schärfen das humanitäre Profil der Organisation und eignen sich beispielsweise, um in der Rekrutierung von Spezialistinnen und Spezialisten Vorteile zu generieren.
Daneben beförderte das Interim Mandat noch weitere Verbesserungen. Dazu zählen:
- In der sehr internationalen HR-Abteilung mit starker zentralistischer Ausrichtung gibt es eine Verschiebung der Zuständigkeiten dorthin, wo sie fachlich besser und durch die Kenntnislage lokaler Behörden schneller gelöst wurden: in den Einsatzländern der Entsendungsfälle.
- Straffung und Transparenz der Zuständigkeiten der sich weiter in der Reorganisation befindlichen HR mit effizienterer Einbindung ausländischer HR-Mitarbeiter
- Ein Kommunikationspapier über das neue Konzept (transparentere Vergütungspolitik sowie Überarbeitung der Arbeitsverträge für Interessenvertreter und Management)